Kürzlich habe ich ja schon erzählt, dass ich auch die Anekdoten meiner Kinder niederschreibe. Und eben hab ich nachgeschlagen und folgende Geschichte gefunden, über die ich immer noch schmunzeln muss und die ich euch nicht vorenthalten möchte:
(Anekdote von 2010 – da war Pia 6 und Timo 8 Jahre alt)
Es ist Abend. Wir machen eine Brotzeit. Timo nimmt sich ein Ei, während Pia die Fischpflanzerl auf ihrem Teller hortet.
„Des Ei hat fei ein Huhn gelegt“, bemerkt die junge Dame und wendet sich schmatzend den Fischpflanzerln zu.
So, so…
„Ich frage mich, warum da kein Küken ausgebrütet worden ist, während es im Kochtopf war?“ Timo blickt mich erwartungsvoll an.
Stille. Ich überlege, wie ich clever antworte.
„Weißt Du, Timo, erstens brüten die Hühner die Eier aus – im Kochtopf ist es ja viel zu heiß. Und zweitens ist nicht jedes Ei befruchtet.“
„Aber es gibt doch auch Maschinen, die Eier ausbrüten“, wirft mein kluger Sohn ein. „Ich hab nämlich bei ‚Willi will’s wissen“ gesehen, dass dann hinterher die ganzen Küken aussortiert werden. Die schwarzen werden getötet, weil sie keine Eier legen können und die anderen dürfen leben.“
Wie ungerecht!
Pia hält inne und schnappt empört nach Luft.
„Des is ja sooo fies!!!“ Haucht sie angewidert. „Die töten die einfach! Stell Dir mal vor, die würden dir einfach den Kopf abschneiden!“
Wer spricht denn hier bitte von „Kopf abschneiden“???
Sie sieht mich an, als ob ich für diese Untaten verantwortlich wäre.
„Stell dir vor, die machen das mit DIR – was würdest du dann sagen?“
Vermutlich gar nichts mehr…
Ich schweige und warte auf die Fortsetzung des Redeschwalls.
„Ja, und so fühlen die sich auch. Die finden das nämlich auch nicht toll.“
Da bin ich mir ganz sicher.
Alles starrt auf die Eierschalen auf Timos Teller.
„Die Hühner sind arm, weil jeder will sie nur essen“, ergänzt sie mitleidig. „Die muss man doch nicht umbringen, man kann sie doch als Haustiere halten oder in die freie Wildnis lassen.“
Wildnis? Hier?
Timo gießt noch Öl ins Feuer: „Aus den armen schwarzen Küken machen die dann Chickenwings! Echt.“
Er genießt sichtlich sein enormes Halbwissen.
„Chickenwings!?!“ („Schiggenwinks“) Pia kriegt sich gar nicht mehr ein.
Ich überlege, wie ich die Situation rette.
„Aber Du isst doch auch ein Fischpflanzerl. Das ist aus Fisch – und der Fisch hat doch auch mal gelebt.“
Das Fischpflanzerl, das der Zwerg noch in der Hand hält, fällt auf den Teller.
„DU hast MIR gesagt, dass der Fisch tot war, als sie ihn rausgefischt haben!“, schnauzt sie mich erzürnt an.
Stimmt, ich sage immer, dass unser Fleisch stets von Tieren stammt, die eines natürlichen Todes – vorwiegend an Alterschwäche – gestorben sind.
„Äh, genau!“
Sie glaubt mir nicht mehr – ich seh’s an ihrem Blick.
„Ich meinte, den Rollmops.“
Ich deute auf das Rollmopsglas, in dem einsam ein Rollmops schwimmt – die anderen Rollmöpse sind zwei Tage zuvor von – na, von wem wohl? – Pia verspachtelt worden.
„Der hat noch gelebt?“ Pia japst empört nach Luft.
„Ja!“
Nur so wirke ich glaubwürdig.
„Den ess’ ich nie wieder!“ Sie blickt angewidert und entsetzt auf das Rollmopsglas.
Timo sagt nichts – ihm fehlen wohl die Worte…
Eine kurze kollektive Schweigeminute – dann greift Madam wieder nach ihrem Fischpflanzerl und beißt genüsslich hinein.
Somit ist das Thema erledigt und der Rollmops ist mein, nachdem mir schon die Fischpflanzerl nicht gegönnt waren!